Grusswort vom deutsch-russischen Schriftsteller Wladimir Kaminer
Nicht nur piepsende Erdtrabanten…
Bei meinen Road-Trips für das TV-Programm „Kulturlandschaften“ und auf meinen Lesereisen durch Deutschland lernte ich viele russische und deutsche Initiativen kennen, die das Leben Benachteiligter erleichtern und bereichern.
Bei den Sputniks erfuhr ich, dass in über 100.000 russischsprachigen Familien in Deutschland Kinder mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen aufwachsen. In der Sowjet-Union blieben solche Familien fast unsichtbar, sie führten ein Schattendasein.
Auch in Deutschland standen diese Familien (Balten, Georgier, Moldawier, Kasachen, Russen, Ukrainer…) bislang unbeachtet am Rand der Gesellschaft – ganz besonders in der russischsprachigen Diaspora.
Nun treten sie aus dem Schatten – und heben ab.
Seit die Sputniks auf der Bühne erschienen, lenken sie Aufmerksamkeit auf die Mauerblümchen im Rollstuhl, im autistischen Seelen-Korsett, im Krankenzimmer. Die Sputniks geben diesen Familien eine Stimme, die in der Öffentlichkeit gehört wird.
Die Sputniks vermeiden das typische Helfer-Opfer-Schema. Mich hat beeindruckt, wie sie sich gegenseitig als unsentimentale, autodidaktische Profis helfen. Selbsthilfe nennt man das in Deutschland, der Ursprung liegt in der 68er-Bewegung. In der UDSSR nannten wir das Kollektivnaja Pomoshh‘ – kollektive Hilfe.
Als Schirmherr möchte ich sie unterstützen und schützen. Aber nicht als Herrscher, sondern eher als zuverlässige Sojus-Rakete, die viele Sputniks in ihre Umlaufbahn bringt…
Übrigens, Спутник / Sputnik heißt auf Russisch «Weggefährte». Der piepsender Erdtrabant kam später. Wussten Sie das?
Ihr Wladimir Kaminer