Koordinator|innen-Schulung

Glücklicherweise hat der BKK-Dachverband unser Potenzial und unsere Entwicklungsergebnisse erkannt und förderte ein Wochenend-Seminar für derzeitigen und potentiellen Koordinatoren/ Koordinatorinnen von Sputnik-Selbsthilfegruppen.


Am 6.12.2019 trafen sich im Bildungszentrum Burg Schwaneck Eltern, die vor einigen Jahren
beschloßen, sich mit änlich betroffenen Eltern zusammen zu schließen.
Zielgruppe des Projektes waren Koordinatoren unserer bestehenden SH-Gruppen sowie
potenzielle Gruppengründer/zukünftige SH-Koordinatoren aus allen Bundesländern.
Das Interesse an diesem Seminarwochenende war erfreulich groß. Dies zeigte uns wieder einmal,
dass unsere Vereinigung den richtigen Nerv unserer vernachlässigten Zielgruppe trifft. Unsere
Initiative hat diese große Betroffenen-Gruppe aus dem Schatten ans Licht geholt.
Von den ursprünglich 37 Angemeldeten kamen 28. Solche Verhinderungen sind leider häufig, da die
Beeinträchtigungen und chronischen Krankheiten der Kinder unserer betroffenen Eltern
Planungen oft über den Haufen werfen.
7 Teilnehmerinnen brachten ihre Kinder mit, da sie entweder für diese keine Betreuung
organisieren konnten oder die Kinder wegen ihrer Behinderung eine zu enge Beziehung zu ihren
Müttern hatten, die eine drei Tage währende Abwesenheit nicht erlaubte. Wir sind dem
Dachverband der BKK dankbar, dass die Betreuungskosten übernommen wurden und diesen
aktiven Müttern somit eine Teilnahme ermöglicht wurde.
Vorrangiges Ziel war es, den zukünftigen Koordinatorinnen und Koordinatoren Grundorientierung
und Grundkenntnisse rund um die Selbsthilfe zu vermitteln und ihnen damit Sicherheit für ihre
tägliche Arbeit in der SH zu geben.
Es ist uns gelungen, in einem eng getakteten Ablauf alle geplanten Programmpunkte in
komprimierter Form zu behandeln, siehe auch das untenstehende Programm.
Unseren Aktivisten wussten nicht viel über Geschichte und Theorie der Selbsthilfe, diese
Wissenslücke haben wir an diesem Wochenende gefüllt.
Die gegenseitige Verbindung und Wechselwirkung zwischen den Elementen der SH-Strukturen auf
sämtlichen Ebenen wurde den Teilnehmern verständlich und anschaulich demonstriert.
Wir vermittelten ihnen die Entstehungsgeschichte unserer SHO und ihrer Ausbreitung von den
frühesten Anfängen an. Dies hat den Koordinatorinnen und Koordinatoren bewusst gemacht, in
welch komplexen Gebilde sie sich befinden und agieren, von der Bundesorganisation über die
verschiedenen unterschiedlichen Untergliederungen auf Landesebene über Ortsgruppen bis hin zu
den vielen betroffenen Eltern, die alle mitwirken.
Die einzelnen Präsentationen, die Gruppen-Koordinatorinnen und -Kooordinatoren aus den
unterschiedlichen Bundesländern vorlegten, bestätigten uns wieder einmal, dass SH nie homogen
ist. Jede SHG hat ihren eigenen Kreislauf, Struktur und Werdegang. Teilnemer|innen lernten auf
allen Ebenen viel übereinander und voneinander.

Viel Zeit wurde der Rolle der Gruppen-Koordinatorinnen und -koordinatoren gewidmet. Wir
erläuterten theoretisches Wissen und diskutierten praktische Erfahrungen.
Das größte Problemfeld bilden bei unserer Arbeit formale Abwicklungen. Wie Gruppen rechtlich
einwandfrei gegründet werden, Förderbedingungen zu verstehen sind, Förderfähigkeit erlangt
werden kann und entsprechende Formulare ausgefüllt werden müssen – dies alles nimmt breiten
Raum ein.
Theoretisches Wissen darüber haben wir an diesem Wochenende in Form von Vorträgen und
Handreichungen übermittelt und mittels Austausch und Workshops vertieft.
Des Weiteren nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit, Projekt-Ideen für ihre SHG und LU
auszutauschen.
Leider war der Rahmen dieses Seminars für die Vertreter der neugegründeten
Landesuntergliederungen zu eng. Wir konnten ihre Belange (Aufbau ihrer Organisation und
Ingangsetzung) nur allgemein berühren.
Am zweiten Seminartag hörten wir einen Vortrag über Peer-Сounselling, dessen Ursprünge und
Bedeutung. Diese Beratungsform, bei der Betroffene andere Betroffene beraten, ist
gewissermaßen die Professionalisierung der intuitiven SH. Viele erfahrene SH-Teilnehmer
überschreiten bereits jetzt schon unbewusst die Grenzen des klassischen Austausches. Betroffene
Eltern, die Begabung und den Wunsch verspüren, ihr Wissen empathisch und methodisch
weiterzugeben, haben die Möglichkeit geschult zu werden. Sie werden dadurch befähigt, ihre
Verarbeitungsmuster zu erkennen und diese in die Beratung einzubringen.
Anschließend führten wir ein Kommunikationstraining mit dem Namen „Konflikte lösen. Offene
Fragestellung“ durch. Sein Inhalt umfasste:

  • Aufbau des Dialoges
  • Offene Fragestellung Ich-Botschaften / Du-Botschaften
  • Verhalten in Konfliktsituationen
  • Umgang mit schwierigen Gruppenmitglieder
  • Richtiger Umgang mit Rückmeldungen und Kritik

An zwei Abenden wurde den Teilnehmern ein Meditations- und Entspannungstraining angeboten,
das die meisten von ihnen gerne annahmen.

Ergebnisse:
Bereits im Dezember/Januar war der Effekt der Schulungen zu fühlen: Selbstständigkeit und
Selbstsicherheit der Seminarteilnehmer hatten spürbar zugenommen. Es wurde übereinstimmend
berichtet, dass man die Aufgaben mit frischem Schwung nahm.
Die Erstellung von Verwendungsnachweisen für 2019 und die Antragstellungen für 2020 liefen
deutlich leichter, selbständiger und korrekter als zuvor, wenngleich die Sprache natürlich immer
noch ein Hemmschuh war.
4 neue Gruppen, welche bereits seit einiger Zeit keimten, wurden in den ersten Monaten 2020
formal gegründet. Die bereits bestehenden Gruppen agierten müheloser, ihr Horizont weitete
sich und sie benutzten dabei selbstsicherer mehr Instrumente der SH. Unsere drei
neugegründeten LU in NRW, BW und Berlin traten souveräner auf.
Die gemeinsam verbrachte Zeit im Seminar sowie abends und während den Pausen, schweißte die
Teilnehmer schnell zu einem Bündnis. Das ähnliche Schicksal verband zusätzlich. Daraus entstand
eine Gemeinschaftskraft, die für die Zukunft von Nutzen sein wird. Durch die persönliche Nähe
wurde die abstrakte Gemeinsamkeit, die bislang virtuell bestand, substanziiert.

Schlussfolgerung:

  • Unsere muttersprachigen SHG benötigen kontinuierliche individuelle Begleitung von SH-Erfahrenen,
    die ihre Sprache sprechen – Selbsthilfe-Kontaktstellen können diese Bedürfnisse der SHG speziell
    in der dynamischen Anfangszeit nicht abdecken
  • Schulungen und Austausch sind unverzichtbar, besonders im Hinblick auf unser schnelles
    Wachstum
  • Seminare in deutscher Sprache mit einer vollständigen oder teilweisen Übersetzung können nie
    so umfassend und intensiv sein, die Übersetzungsintervalle wären hinderlich und würden das
    Tempo bremsen
  • alle Teilnehmer bestätigen, dass es für sie und zukünftige (potenzielle) Gruppen-
    Koordinatorinnen und -koordinatoren dringend erforderlich ist, alle wichtigen Informationen, die
    die SH betreffen, auch auf Russisch in Textform verfügbar zu haben. Dies betrifft besonders
    formaltechnische Fragen – die zahlreichen Unterschiede von Bundesland zu Bundesland machen
    dies unverzichtbar
  • der persönliche Austausch zwischen allen Koordinatoren der SHO ist ein sehr wirksames,
    unerlässliches Instrument

Epilog
Wir hoffen, dass der Schwung unserer Bewegung, der an diesem Seminarwochenende einen
kräftigen Schubs bekam, anhält und wir auch zukünftig ideelle und materielle Unterstützung
genießen dürfen.

Seminar 06-08.12.2019 Programm


Foto: Elena Melech

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